Krankenhausreform

Am 6. Dezember 2022 stellte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach erstmals seine Pläne für eine umfassende Krankenhausreform vor. Sie wurde durch eine eigens eingesetzte Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung wissenschaftsbasiert entwickelt. Erklärtes Ziel sind

  • die Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität,
  • die Gewährleistung einer flächendeckenden medizinischen Versorgung sowie
  • Entbürokratisierung.

Dafür sollen Krankenhäuser grundlegend neu geordnet werden. Zudem erfolgt die Abkehr von einer reinen Leistungsvergütung über DRG-Fallpauschalen hin zu einem Finanzierungsmix aus einer Vorhaltevergütung und DRGs. Damit sollen bestehende Fehlanreize verringert und die Krankenhausversorgung wieder stärker als Teil einer gesundheitlichen Daseinsvorsorge sichergestellt werden. Laut Bundesgesundheitsminister darf „die Krankenhausversorgung […] nicht länger ökonomischen Zwängen folgen, sondern das Medizinische muss wieder im Vordergrund stehen.“ Die Umstellung soll innerhalb von fünf Jahren erfolgen.

Aktuelles

Seit Ende Juni ist die Krankenhausreform mit dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) im parlamentarischen Verfahren. Am 25. September 2024 ist eine Öffentliche Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages angesetzt, bei der die DVSG vor Ort sein wird.

Zeitplan

  • Referentenentwurf: 13. April 2024
  • Fachanhörung: 30. April 2024
  • Verabschiedung Kabinettsentwurf: 15. Mai 2024
  • 1. Durchgang Bundesrat: 5. Juli 2024
  • 1. Lesung Bundestag: 27. Juni 2024
  • Öffentliche Anhörung im Bundestag: 25. September 2024
  • 2./3. Lesung Bundestag: 18. Oktober 2024
  • 2. Durchgang Bundesrat: 22. November 2024
  • Inkrafttreten: am Tag nach der Verkündung

Hintergrund

Bereits im Sommer 2022 hatte eine eigens dafür gebildete Regierungskommission ihre Vorschläge für eine Vergütungs- und Strukturreform der Krankenhausversorgung vorgelegt. Lesen Sie dazu gerne den Artikel im FORUM sozialarbeit + gesundheit, Ausgabe 2/2023: Gesundheitspolitik aktuell: Was bringt die Krankenhausreform). Im März 2024 wurde schließlich ein erster Referentenentwurf für das KHVVG vorgelegt. Es folgte eine lange Debatte zwischen Bundesgesundheitsministerium und den Bundesländern über Zuständigkeiten, Bedarfsplanung, Versorgungssicherheit und -qualität.

Am 10. Juli 2023 einigten sich Bund und Länder schließlich auf Eckpunkte für die Krankenhausreform. Nach massivem Widerstand der Länder ist darin nicht länger die Neuordnung der Krankenhäuser nach sogenannten Versorgungslevel enthalten. Diese finden künftig lediglich noch im Zuge des zum 28.03.2024 in Kraft getretenen Krankenhaus-Transparenzgesetzes Anwendung, um Strukturen und Leistungsdaten der Kliniken besser darzustellen.

Wesentliche Neuerung bildet die Einführung von aktuell 65 Leistungsgruppen. Sie umfassen fachlich verwandte medizinische Leistungen und ersetzen die bisherige Fachabteilungsstruktur der Krankenhäuser. Die Leistungsgruppen dienen zugleich als Grundlage für die neue Finanzierung. Für jede Leistungsgruppe werden Mindeststrukturmerkmale zu Personal, Ausstattung und Behandlungserfahrung definiert. Dadurch soll eine bundesweit vergleichbare Qualität der Versorgung gewährleistet werden. Diese Systematik wird bereits seit 2022 in der Landeskrankenhausplanung NRW umgesetzt. Die dort gemachten Erfahrungen bilden nun die Grundlage für den vorliegenden Gesetzentwurf.

Eine weitere Neuerung ist die geplante Einführung sogenannter sektorenübergreifender Versorgungseinrichtungen (ursprünglich Level 1i Kliniken). Diese neue Versorgungsform sollte zunächst Krankenhäusern eine Perspektive bieten, die andernfalls durch die Reform von Schließung bedroht wären. Diese auf Pflege und Grundversorgung ausgerichtet Häuser sollen regionale Versorgungslücken im ambulanten und pflegerischen Bereich schließen. Das KHVVG sieht nun allerdings vor, dass auch Krankenhäuser als sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen bestimmt werden können, die bislang gar nicht im Krankenhausplan aufgenommen waren und nun erstmalig darin aufgenommen werden.

Eine weitere Neuheit ist die Einführung eines zusätzlichen, beim BMG angesiedelten Gremiums, das u.a. für die Weiterentwicklung der Leistungsgruppen zuständig sein soll. Dieser Ausschuss soll paritätisch mit Kostenträgern, Leistungserbringern, Selbstverwaltung, Berufs- und Patientenorganisationen besetzt sein. Es bildet damit ein Pendant zum Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), lediglich mit dem Unterschied, dass diesem Gremium das BMG vorsitzt.

Kritik der DVSG

Die DVSG begrüßt zwar grundsätzlich die Reformbemühungen des BMG zur Verbesserung der Versorgungsqualität in Krankenhäusern und unterstützt das Ziel einer modernen, bedarfsgerechten, qualitativ hochwertigen und sektorenübergreifenden Krankenversorgung. Zugleich kritisiert sie die fehlende Berücksichtigung psychosozialer Bedarfe und dafür notwendiger Versorgungsstrukturen innerhalb der geplanten Reform.

Entgegen der ursprünglichen Empfehlung der Regierungskommission, Sozialdienste als Mindeststrukturmerkmal in allen Leistungsgruppen vorzusehen um dadurch die psychosoziale Versorgung bundesweit vergleichbar sicherzustellen, ist dies im aktuellen KHVVG nicht mehr vorgesehen, da sie in den aus NRW übernommen Leistungsgruppen weitestgehend fehlen. Gerade vor dem Hintergrund der angestrebten Ambulantisierung konterkariert dies jedoch die Bemühungen um eine bundesweit qualitativ vergleichbare Gesundheitsversorgung. Bereits heute verfügen Krankenhäuser über eine sehr heterogene Ausstattung ihrer Sozialdienste. Aus Sicht der DVSG droht künftig die weitere Ausdünnung der psychosozialen Versorgung in Form von psychosozialer Beratung, Krisenintervention, Case Management und Koordination einer bedarfsgerechten, wohnortnahen Anschlussversorgung.

Die DVSG begleitet daher die Reform engmaschig und setzt sich mit Stellungnahmen und in Hintergrundgesprächen für eine soziale und gemeinwesenorientierte Krankenhausversorgung ein.

Wir empfehlen die Veranstaltungsreihe zum KHVVG des Bündnisses Krankenhaus statt Fabrik.

Hinweise und Verlinkungen: