Glossar

Erläuterungen und Begriffsbestimmungen sind in alphabetischer Reihenfolge eingefügt in Form eines Glossars. Das Glossar wird sukzessive erweitert und regelhaft aktualisiert.

Das bio-psycho-soziale Modell beschreibt die Entstehung gesundheitlicher Störungen eingebettet in einer öko-sozialen Lebenswelt von Menschen. Die Gesundheit eines Menschen wird entsprechend durch das Zusammenwirken von Körper (physiologische Prozesse, Organe, Zellen), Psyche/Seele (Denken, Handeln, Fühlen) und Umfeld (Beziehungen, Lebensumfeld und Lebensbedingungen) beeinflusst. Biologische, psychische und soziale Faktoren stehen dabei in dynamischer Wechselbeziehung zueinander, die sich fortlaufend und eng verflochten gegenseitig beeinflussen.

Krankheit wird als Störung dieser Interaktion verstanden. Ausgangspunkt für mögliche Gesundheitsprobleme können auf einzelnen, mehreren oder allen Ebenen liegen. Alle drei Ebenen bieten zugleich schützende Faktoren, die positiv auf die Gesundheit wirken und gezielt im Rahmen von Prävention, Kuration und Rehabilitation gefördert werden können. Entsprechend sind in der Diagnostik und Therapie grundsätzlich bio-psycho-soziale Aspekte des Menschen zu erfassen und einzubeziehen. Gesundheit und Krankheit sowie der Umgang damit haben Auswirkungen auf Aktivitäten und Teilhabe eines Menschen.

Das Regenbogenmodell von Dahlgren und Whitehead veranschaulicht weiterführende bio-psycho-soziale Aspekte auf gesellschaftlicher, physischer und sozioökonomischer Ebene, die Einfluss auf die Gesundheit nehmen.

Entlassmanagement ist ein geplanter und strukturierter Prozess zur Unterstützung des Übergangs von einer stationären in die Anschlussversorgung, beispielsweise nach einer Krankenhausbehandlung oder Rehabilitation. Das Entlassmanagement dient vorrangig der Sicherstellung der Weiterversorgung und der Vermeidung von Versorgungslücken durch mangelnde oder unkoordinierte Anschlussbehandlungen. Zudem dient es der Vorbereitung von Patient*innen und ihren Bezugspersonen auf die individuelle Entlass-Situation und auf die damit in Verbindung stehenden Herausforderungen nach der Entlassung.

Das Entlassmanagement ist für Krankenhäuser und Rehabilitationskliniken gesetzlich vorgeschrieben (vgl. § 39 SGB V, §§ 40f. SGB V) und wird in gesonderten Rahmenverträgen konkretisiert. Demnach ist das Entlassmanagement prinzipiell als interdisziplinäre und multiprofessionelle Aufgabe umzusetzen. Aufgaben der Sozialen Arbeit im Entlassmanagement liegen sowohl in der Gesamtkoordination als auch in einzelnen Teilschritten wie der Bedarfserhebung, Information und Beratung zu möglichen Nachsorgelösungen unter Einbeziehung sozialer Netzwerke (insbesondere zu Leistungen sowie zum Wunsch- und Wahlrecht), der Leistungserschließung sowie die Unterstützung bei ihrer Organisation. In der Regel obliegt Fachkräften der Sozialen Arbeit die Anbahnung einer verordneten Anschlussheilbehandlung oder Rehabilitation.

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Themenseite Entlassmanagement
Entlassmanagement durch Soziale Arbeit in Krankenhäusern und Rehabilitationskliniken

Der Terminus Fachkraft der Sozialen Arbeit umfasst akademisch ausgebildete Sozialarbeiter*innen und Sozialpädagog*innen mit einem Bachelor-, Diplom- oder Master-Abschluss. Die DVSG empfiehlt grundsätzlich die staatliche Anerkennung. Dieser Begriffsbestimmung liegt die Definition des Qualifikationsrahmens des Fachbereichstags Soziale Arbeit zugrunde. Zentrale Studieninhalte für die Soziale Arbeit fasst das Kerncurriculum der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit zusammen.

Der Gesetzgeber fasst den Begriff Fachkraft dagegen weiter und schließt teilweise auch Personen mit einer anerkannten anderweiten, mindestens zweijährigen abgeschlossenen Berufsausbildung ein (vgl. §6 SGB XII; §72 SGB VIII, §75 SGB XI).

Entsprechend der Definition der World-Health-Organisation im Jahr 1946 ist Gesundheit ein Zustand völligen körperlichen, psychischen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheit und Gebrechen. Diesem Verständnis liegt das bio-psycho-soziale Modell zugrunde.

Die gesundheitsbezogene Soziale Arbeit legt den Fokus auf die Förderung von Gesundheit bzw. auf die Vermeidung und Bewältigung von Krankheit und Behinderung. Sie sieht Gesundheit als Querschnittsthema in allen Handlungsfeldern und Settings der Sozialen Arbeit. Gesundheitsbezogene Soziale Arbeit richtet sich insbesondere an Menschen in ihrer Lebenswelt, die aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen in ihrer autonomen Alltagsgestaltung und Teilhabe gefährdet sind. Sie wirkt auf Basis eines bio-psycho-sozialen Gesundheitsmodells sowohl auf der fallbezogenen als auch auf struktureller Ebene.  Gesundheitsbezogene Soziale Arbeit ist keine Teildisziplin der Sozialen Arbeit, sondern sie konkretisiert Wissensbestände und Kompetenzen aus der generalistischen Sozialen Arbeit mit dem Fokus Gesundheit.
2015 hat die DVSG die hierfür bestehenden Kompetenzen in einem Qualifikationskonzept für die Qualifikationslevel Bachelor, Master und Promotion präzisiert (QGSA).

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Unterseite mit Informationen zum Qualifikationskonzept Gesundheitsbezogene Soziale Arbeit

Das Gesundheitswesen umfasst alle Personen und Organisationen, die die Gesundheit der Bevölkerung erhalten, fördern und wiederherstellen sowie Krankheiten vorbeugen. Die entsprechenden Leistungen sind in den Sozialgesetzbüchern geregelt und werden traditionell in stationäre und ambulante Leistungserbringung in den Bereichen Prävention, Kuration, Rehabilitation, Pflege sowie Palliativversorgung unterteilt. Im ambulanten Setting erfolgt die Versorgung z. B. über niedergelassene (Fach-)Arztpraxen, spezielle Fachambulanzen an Krankenhäusern, Medizinischen Versorgungszentren sowie den Öffentlichen Gesundheitsdienst. Stationäre Leistungserbringer*innen sind z. B. Krankenhäuser, Fach- und Rehabilitationskliniken. Das Gesundheitswesen zeichnet sich durch Multiprofessionalität aus. Fachkräfte der Sozialen Arbeit sind in allen Settings Teil des multiprofessionellen Teams.

Klinische Sozialarbeit ist eine Teildisziplin der Sozialen Arbeit und im Unterschied zur gesundheitsbezogenen Sozialen Arbeit als Fachsozialarbeit mit weiterführenden Qualifikationen zu verstehen (Masterabschluss, Fachsozialarbeiter*in für Klinische Sozialarbeit). Der Begriff Klinisch meint nicht die Orientierung an Krankenhäusern, sondern umfasst die beratenden und behandelnden Beiträge. Die Klinische Sozialarbeit erfolgt im konkreten Behandlungskontext und vor dem Hintergrund eines bio-psycho-sozialen Verständnisses von Gesundheit. Ihr Behandlungsauftrag bezieht sich auf die Bewältigung von (chronischen) Erkrankungen und Behinderungen. Das Handlungsfeld ist vielfältig: Neben Krankenhäusern. und Einrichtungen zur medizinischen Rehabilitation findet sich Klinische Sozialarbeit beispielsweise in ambulanten Beratungssettings der Suchthilfe oder der Psychiatrie. Sie bedient sich der Methodenvielfalt der Sozialen Arbeit und verfolgt das Ziel der (Wieder-)Herstellung des psychischen und sozialen Wohls sowie der sozialen Integration.  Sozialtherapie und Soziotherapie (gemäß § 37a SGB V) sind Interventionsformen der Klinischen Sozialarbeit.

Die International Federation of Social Work (IFSW) definiert die Soziale Arbeit zugleich als Profession (Praxis) und Disziplin (Theorieentwicklung und Forschung). Die Disziplin Soziale Arbeit gewinnt Erkenntnisse, schafft Evidenz, erarbeitet Alleinstellungsmerkmale und konkretisiert damit die Soziale Arbeit als eigenständige Wissenschaft. Die Profession umfasst die praxisorientierte Anwendung der Sozialen Arbeit in verschiedenen Handlungsfeldern. Disziplin und Profession beeinflussen sich wechselseitig und entwickeln sich dadurch weiter.

Der Begriff Sozialdienst beschreibt eine Funktionseinheit, in der üblicherweise Fachkräfte der Sozialen Arbeit beschäftigt sind. Sozialdienste im Gesundheitswesen umfassen ein spezielles Arbeitsfeld der Sozialen Arbeit. Sozialdienste ergänzen die ärztliche und pflegerische Versorgung durch fachliche Hilfe für erkrankte Person mit Fokus auf die soziale, ökonomische und psychische Dimension von Krankheit. Ziel der Interventionen ist die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sicherzustellen. Sozialdienste orientieren sich qua Berufsauftrag an der Würde und am Selbstbestimmungsrecht der Menschen.

Die Aufgaben von Sozialdiensten variieren je nach Setting (z. B. Öffentlicher Gesundheitsdienst, Krankenhaus, Rehabilitationseinrichtung, Pflegeheim). In der Regel bieten Sozialdienste Information, Beratung und Begleitung für akut oder chronisch erkrankte sowie von Behinderung bedrohte Menschen und ihre Bezugspersonen zur Bewältigung von Krankheit und Krankheitsfolgen im Alltag. Sozialdienste sind leistungserschließend tätig, unterstützen bei Bedarf bei der Antragstellung und der Wahrnehmung von Patient*innenrechten (Information über das Wunsch- und Wahlrecht, Begleitung von Widerspruchsverfahren). Sie nehmen zudem eine zentrale Lots*innenfunktion wahr, in dem sie bedarfsgerecht den Kontakt zu spezialisierten ambulanten Beratungs- und Case-Management-Strukturen im Gesundheits- und Sozialwesen anbahnen.

Die Funktionseinheit Sozialdienst und das Angebot von Sozialer Arbeit sind nicht zwangsläufig deckungsgleich: insbesondere im Krankenhaussozialdienst können je nach gesetzlicher Grundlage neben Fachkräften der Sozialen Arbeit auch weitere Berufsgruppen vertreten sein. Um die notwendige fachliche Expertise von Sozialdiensten zu gewährleisten ist nach Ansicht der DVSG jeder Sozialdienst von einer Fachkraft der Sozialen Arbeit zu leiten und eine personelle Mindestausstattung mit Fachkräften der Sozialen Arbeit sicherzustellen.

Literaturhinweis
Kraus, Sibylle (2022): Sozialdienst im Krankenhaus. In: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge. Fachlexikon der Sozialen Arbeit. 9. Auflage. Nomos. Seiten 788f

Das Sozialwesen umfasst alle Personen und Organisationen, die zur Verwirklichung von sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit beitragen. Das Sozialwesen definiert sich auf der grundgesetzlichen Staatszielbestimmung der Bundesrepublik Deutschland als „sozialem Bundesstaat“ (Art. 20, Abs. 1 Grundgesetz). Es umfasst sowohl Aufgaben der Fürsorge (z. B. Sozial-, Alten- und Jugendhilfe) als auch der Vorsorge (Beamten- und Soldatenvorsorge und die Sozialversicherungen).

Leistungen des Sozialwesens dienen dazu, ein menschenwürdiges Dasein zu sichern, gleiche Voraussetzungen für die freie Entfaltung der Persönlichkeit, insbesondere auch für junge Menschen, zu schaffen, die Familie zu schützen und zu fördern, den Erwerb des Lebensunterhalts durch eine frei gewählte Tätigkeit zu ermöglichen und besondere Belastungen des Lebens, auch durch Hilfe zur Selbsthilfe, abzuwenden oder auszugleichen (vgl. §1 SGB 1). Die Sozialleistungen sind in den Sozialgesetzbüchern I-XIV geregelt und werden als Geld-, Dienst- oder Sachleistungen durch die öffentliche Verwaltung (z. B. Kommunalämter wie Sozial- oder Gesundheitsamt) und  Organisationen (z. B. Krankenkassen, freie Träger, private Träger) erbracht. In der Logik der Sozialgesetzbücher ist das Gesundheitswesen ein Teil des Sozialwesens.

Das Wunsch- und Wahlrecht ist wesentlicher Ausdruck von Selbstbestimmung und Eigenverantwortung des Individuums und findet verfassungsrechtliche Verankerung in Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1. Absatz 1 GG. Im Gesundheitswesen stellt das Wunsch- und Wahlrecht ein zentrales Kriterium zur Feststellung und Umsetzung des individuellen Hilfe- und Unterstützungsbedarfs dar. Es bezieht sich auf die Auswahl von Anbieter*innen im Bereich Rehabilitation, Teilhabe und Nachsorge. Das Wunsch- und Wahlrecht ist nur bei ausreichendem Angebot umsetzbar. Die Beratung zum Wunsch- und Wahlrecht ist Aufgabe von Sozialdiensten.