Lagebild zu Straftaten gegen Frauen
Gestern haben Bundesfrauenministerin Lisa Paus, Bundesinnenministerin Nancy Faeser und der Vizepräsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Michael Kretschmer in Berlin das erste Lagebild "Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten" vorgestellt. Laut dem Bericht steigt die Zahl der Straftaten gegen Frauen und Mädchen in allen Bereichen. Fast jeden Tag findet in Deutschland ein Femizid statt.
Es stellt erstmals Zahlen aus verschiedenen Datenquellen zusammen und zeigt umfassend auf, dass Frauen und Mädchen auf vielfältige Weise Opfer von Straftaten und Gewalt werden, weil sie Frauen und Mädchen sind. Das Lagebild ist wichtig, um den Schutz von Frauen vor Gewalt und anderen Straftaten weiter zu verstärken. Es umfasst Daten zu Gewalttaten ebenso wie zu frauenfeindlichen Straftaten als Teil der Politisch motivierten Kriminalität und Straftaten, die generell überwiegend zum Nachteil von Frauen begangen werden. In allen diesen Bereichen sind die Zahlen 2023 im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.
Wesentliche Erkenntnisse aus dem Lagebild "Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten":
- Femizide: 2023 wurden 938 Mädchen und Frauen Opfer von versuchten oder vollendeten Tötungsdelikten (+1,0 Prozent, 2022: 929). Dies entspricht einem Anteil von 32,3 Prozent aller Opfer von Tötungsdelikten. Der Anteil an weiblichen Opfern, die im Zusammenhang mit partnerschaftlichen Beziehungen Opfer von Tötungsdelikten wurden, liegt bei 80,6 Prozent. Insgesamt wurden 360 Mädchen und Frauen Opfer vollendeter Taten. Demnach gab es 2023 beinahe jeden Tag einen Femizid in Deutschland.
- Im Berichtsjahr 2023 wurden 52.330 Frauen und Mädchen Opfer von Sexualstraftaten (2022: 49.284 Opfer, +6,2 Prozent), hiervon war über die Hälfte unter 18 Jahre alt.
- Auch die Delikte im Bereich der Digitalen Gewalt nehmen zu. Über 17.193 Frauen und Mädchen wurden im vergangenen Jahr Opfer Digitaler Gewalt, zum Beispiel von "Cyberstalking" oder anderen Delikten, die beispielsweise mittels Nutzung von Sozialen Medien begangen werden. Hier ist mit 25 Prozent ein deutlicher Anstieg der weiblichen Opferzahlen im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen (2022: 13.749 weibliche Opfer).
- Mit 70,5 Prozent sind die weit überwiegende Zahl der Opfer Häuslicher Gewalt Frauen und Mädchen. Im Berichtsjahr stieg die Zahl der weiblichen Opfer um 5,6 Prozent auf 180.715 an (2022: 171.076). Die Häusliche Gewalt gliedert sich in Partnerschaftsgewalt und innerfamiliäre Gewalt. Bei Partnerschaftsgewalt sind mit 79,2 Prozent mehr weibliche Opfer betroffen als bei innerfamiliärer Gewalt (54,0 Prozent Frauen und Mädchen).
- Auch beim Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung, Zuhälterei und das Veranlassen zur Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution oder zu sexuellen Handlungen, durch die eine Person ausgebeutet wird, steigen die Zahlen weiter an. 591 Frauen und Mädchen fielen diesen Delikten zum Opfer. Das ist ein Anstieg von 6,9 Prozent zum Vorjahr (2022: 553). Frauen und Mädchen unter 21 Jahren machen mit 31,5 Prozent beinahe ein Drittel der weiblichen Opfer aus.
- Besonders hoch ist der Anstieg bei frauenfeindlichen Straftaten als Teil der Politisch motivierten Kriminalität. Mit 322 Straftaten im Berichtsjahr 2023 wird ein Anstieg um 56,3 Prozent zum Vorjahr verzeichnet (2022: 206).
- Die überwiegende Zahl der Opfer und Tatverdächtigen ist deutscher Staatsangehörigkeit. Lediglich in der Fallgruppe Menschenhandel ist der Anteil an nichtdeutschen Staatsangehörigen bei Opfern sowie Tatverdächtigen höher.
Familienministerin Lisa Paus betonte bei der Vorstellung des Berichts, dass Frauen einen niedrigschwelligen Schutz und Beratung benötigen. Der Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung für von Gewalt bedrohte Frauen müsse mit einem Ausbau der Infrastruktur für Beratung und Schutzeinrichtungen einhergehen. Das Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat hierzu einen Referentenentwurf eines Gesetzes für ein verlässliches Hilfesystem bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt vorgelegt.