Gegen rechte Ideologien und für gleiche Menschenwürde: Über 190 Verbände fordern Schutz vor Diskriminierung für behinderte Menschen in der Migrationspolitik

Derzeit demonstrieren hunderttausende Menschen in ganz Deutschland gegen rechte Ideologien, Ausgrenzung und eine sogenannte „Re-Migration“ und fordern lautstark Demokratie, Menschenwürde und Vielfalt ein. Gleichwohl beschließen Bund und Länder die tiefgreifendsten Gesetzesverschärfungen in der Asyl- und Migrationspolitik seit 10 Jahren, die schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen zur Folge haben. Ein großer Personenkreis, der besonders stark betroffen ist und bisher völlig außer Acht gelassen wurde: Geflüchtete und Migrant*innen mit Behinderungen. Die Aberkennung ihres notwendigen Bedarfs an Sozialleistungen, der für die Schaffung einer gleichberechtigten Grundlage unerlässlich ist, verletzt ihre körperliche Unversehrtheit und Demokratiefähigkeit. Besonders dramatisch ist die auffallend hohe Zahl von geflüchteten Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen, die nun für 3 Jahre einer eklatanten Unterversorgung ausgesetzt sind, mit der akuten Gefahr, schwerwiegende gesundheitliche Folgeschäden zu erleiden.

Ein breites Bündnis von Selbstvertretungsorganisationen von behinderten Menschen und Migrant*innen, Menschenrechtsorganisationen, Wohlfahrtsverbänden, Leistungserbringern, Berufsverbänden, ärztlichen und psychotherapeutischen, juristischen und wissenschaftlichen Akteuren und weiteren sozialen und solidarischen Verbänden - darunter auch die DVSG - und Einzelpersonen tritt für Menschlichkeit, Sicherheit, Gesundheit, und Selbstbestimmung ein. Gefordert werden die Achtung und den Schutz der unveräußerlichen und unantastbaren Menschenwürde – die oberste Verpflichtung aller staatlichen Gewalt – unabhängig vom Herkunftsland (Art. 1 GG). Das verfassungsrechtlich garantierte Gleichheitsgebot „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ (Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG) ist kein „Deutschenrecht“, sondern ein Menschenrecht, das für alle uneingeschränkt gilt. Die menschenrechtlichen Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention müssen endlich Eingang in die Asyl- und Migrationspolitik finden! Weitere konkrete Forderungen sind:

  • Behinderte Menschen und ihre Angehörigen haben einen Rechtsanspruch auf Einbürgerung und dürfen nicht nur auf eine freiwillige, auf staatlichem Wohlwollen beruhende Härtefallregelung angewiesen sein. Die Ausnahmeregelung, dass behinderte Menschen die Inanspruchnahme von Sozialleistungen nicht zu vertreten haben, ist wieder einzuführen.
  • Asylsuchende und geduldete Kinder und Jugendliche (mit Behinderungen) sind – so wie es im Koalitionsvertrag beschlossen wurde – im Regelsystem Sozialgesetzbuch (SGB) zu versorgen.
  • Für Beziehende von Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ist eine bundesweite ausdrückliche Ausnahmeklausel oder ein gesetzlicher Anspruch auf behinderungsspezifische Sozial-, Gesundheits- und Teilhabeleistungen auf SGB-Niveau zu verabschieden, bis ein Regelzugang zum SGB für alle Menschen von Anfang an ermöglicht wird.  
  • Die symbolpolitische Einführung einer bundesweiten Bezahlkarte zur Abschaffung von Überweisungs- und Bargeldmöglichkeiten für Asylsuchende und Geduldete ist zu verhindern.
  • Für Unterstützungsstrukturen im Bereich Flucht und Migration sind zusätzliche Fördermittel auf Bund- und Länderebene bereitzustellen, damit sie ihre elementare Arbeit fortführen können.

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