Empfehlungen für eine nachhaltige psychiatrische Versorgung

Immer mehr Menschen suchen wegen psychischer Beschwerden eine psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung. Der Versorgungsdruck in psychiatrischen Kliniken und Fachabteilungen steigt. Um eine gute, am Bedarf der Patient*innen ausgerichtete Behandlung jetzt und in Zukunft sicherzustellen, sind nach Auffassung der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) tiefgreifende Reformen der Versorgungsstrukturen erforderlich. Vor diesem Hintergrund hat die DGPPN Positionen erarbeitet, die gewährleisten sollen, dass Patient*innen auch in Zeiten von Fachkräftemangel und demografischem Wandel die Behandlungen erhalten, die sie benötigen. Die Empfehlungen werden durch ein Bündnis aus Klinik- und Berufsverbänden, Fachgesellschaften und Betroffenenverbänden unterstützt. Die DVSG hat das Positionspapier ebenfalls mitgezeichnet.

Psychische Erkrankungen betreffen aktuell 27,8 % der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland und haben gravierende soziale und ökonomische Auswirkungen für die Betroffenen, ihr Umfeld und die Gesellschaft. Eine wirksame und bedarfsgerechte Versorgung von psychisch Erkrankten liegt im Interesse jedes einzelnen Menschen und ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Die DGPPN begrüßt die aktuellen politischen Reformbestrebungen für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung für die Psychiatrie und Psychotherapie und möchten diese weiterentwickeln und vertiefen. Sie empfiehlt, den Schwerpunkt auf die Bereiche Krankenhausstruktur und -finanzierung, Flexibilisierung von Leistungsangeboten, Qualitätssicherung und Personalausstattung zu legen. Gleichzeitig unterstreicht sie, die Passung notwendiger Reformen im ambulanten und komplementären Versorgungsbereich mitzudenken. Insgesamt dürfe das langfristige Ziel eines regionalen, gestuften und sektorenübergreifenden Versorgungssystems nicht aus dem Auge verloren werden. Unter anderem werden verschiedene Versorgungselemente im Kontext der regionalen Versorgungsverpflichtung und im Sinne einer individuellen und im Bedarfsfall intensivierten und engmaschigen Patientenversorgung auch in Vertragsarztpraxen vorgeschlagen. Dazu gehört auch die Beschäftigungsmöglichkeit von Sozialarbeiter*innen sowie Sozialpädagog*innen mit dem Ziel, hier spezifische und bedarfsgerechte Begleitung und Beratung zu ermöglichen.

Im Zusammenhang mit der Rehabilitation für schwer psychisch erkrankte Menschen wird betont, dass diese einer intensiven Zusammenarbeit von Leistungserbringern und Leistungsträgern bedürfe, die sich an der Lebenswelt und am individuellen Bedarf der Betroffenen orientiert. Hierfür müsse die Unterstützung der Teilhabe durch an individuellen Präferenzen und Bedarf ausgerichtete Hilfen, einschließlich der mobilen Unterstützung am Arbeitsplatz nach dem Modell Individual Placement and Support (IPS) wohnortnah und flexibel verbessert werden. Hierfür wird insbesondere der Ausbau der allgemeinen Sozialberatungsstellen unterstützt, die eine Erstberatung über die unterschiedlichen Unterstützungsmöglichkeiten unabhängig von Kosten- und Leistungsträgern anbieten. Ein wohnortnahes und möglichst flexibles Angebot von medizinischen und medizinisch-beruflichen Rehabilitationsleistungen sollte vorgehalten werden. Dieses sollte mit den Angeboten der medizinischen Akutbehandlung und den gemeindepsychiatrischen Angeboten der sozialen Teilhabe abgestimmt und verbunden sein.

zum Positionspapier "Versorgung weitergedacht. Weiterentwicklung der psychiatrischpsychotherapeutischen Versorgung durch das Krankenhaus"